Schiedsrichter in der zweiten Generation

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Wenn am Samstag, dem 6.6.2015 das 28. Endspiel der Damen angepfiffen wird, ist auch ein Schiedsrichter der RG Heidelberg mit von der Partie. Der 13 jährige Jonathan Lucas wird als Linienrichter sein Finaldebüt geben. Wer sich schon längere Zeit mit dem Schiedsrichterwesen beschäftigt, dem wird der Name Lucas noch in Erinnerung sein. Der Vater von Jonathan und aktuelle Finanzvorstand der RGH, Thomas Lucas, brachte es in seiner aktiven Schiedsrichterzeit auf mehrere Schiedsrichtereinsätze in der Europa- und Weltmeisterschaftsqualifikation.

Jonathan-Lucas Thomas-Lucas Rugby Schiedsrichter

Wir wollten wissen wie es hierzu gekommen ist und haben aus diesem Grund mit seinem Vater ein kurzes Interview geführt:

rgh-rugby.com: Thomas, was hast du empfunden, als du von der Nominierung deines Sohns für das 28. Frauenendspiel gehört hast?

Thomas Lucas: Zunächst hatte ich gedacht ich hätte mich verhört, aber dann hat die Freude doch überwogen. Jonathan hat durch seine Leistungen bei den letzten Jugendturnieren gezeigt, dass er das Zeug zu einem guten Schiedsrichter hat. Selbstverständlich ist er noch sehr jung, aber er übernimmt Verantwortung sowohl auf dem Spielfeld als auch im Zusammenspiel mit anderen Schiedsrichtern. Ich kann dies umso besser beurteilen, da ich seine Entwicklung aktiv als Schiedsrichterausbilder beobachtet und gefördert habe.

Und dann war da auch noch sehr viel Stolz! Hat mir ein Gang in meine Archivkammer doch gezeigt, dass ich selbst das 6. Frauenendspiel 1993 als Schiedsrichter leiten durfte, und jetzt mein Sohn in diese Fußstapfen tritt.

rgh-rugby.com: Schiedsrichter in der zweiten Generation ist etwas ganz besonderes, wie ist es denn dazu gekommen?

TL: Wie immer im Leben, ist der Zufall an vielen Dingen schuld. Es gab einen Aufruf der Schiedsrichtervereinigung in Baden-Württemberg, in dem junge Schiedsrichter für einen Anfängerlehrgang gesucht wurden. Jonathan wollte hin und ist dabei geblieben. Natürlich habe ich mich über seine Entscheidung sehr gefreut und gerne seine ersten Schritte unterstützt.

In der RGH ist dies meines Wissens das erste Mal, dass die zweite Generation in Endspielen eingesetzt wird. Was mich aber auch freut, ist, dass der Schiedsrichter des Endspiels Daniel Blank ist, mit dessen Vater ich in meiner aktiven Schiedsrichterzeit viele Spiele absolviert hatte.

rgh-rugby.com: Du hast deine Unterstützung an der Linie angesprochen, wie kann man sich das denn vorstellen?

TL: Das ist relativ einfach; ein Lehrgang alleine reicht keinem Schiedsrichter aus um ein Spiel zu pfeifen. Junge Schiedsrichter brauchen neben einem gehörigen Maß an Selbstvertrauen auch eine Betreuung vor, während und nach dem Spiel. Das habe ich ihm und anderen Jungschiedsrichtern bei den Jugendturnieren angeboten. Dies waren sehr erfreuliche Spiele, da auch die Trainer der an den Spielen beteiligten Vereine eingesehen haben, dass die Schiedsrichter ihr Bestes geben und zwischen den Spielen von einem „erfahrenen Alten“ Ratschläge erhalten, die dann auch sofort umgesetzt werden konnten. Somit entstand ein für alle Seiten gutes Klima!

Aber auch innerhalb der RGH hat sich einiges getan. Wir haben das Ausbildungswesen auf die Ebene des Vorstands gehoben und entwickeln ein Konzept zur Förderung dieser Schiedsrichter.

rgh-rugby.com: Dein Sohn ist ja auch ein aktiver Spieler in der RGH. Ist jetzt zu erwarten, dass er das aufgibt?

TL: Da hab ich keine Befürchtungen. Jonathan ist in dieser Saison mit seiner Mannschaft Dritter der Deutschen Meisterschaft geworden, und wird sicherlich die nächsten Jahre zweigleisig fahren. Aus eigener Erfahrung kann ich dies auch nur unterstützen. Ein Schiedsrichter, der das Spiel nicht möglichst lange gespielt hat, wird immer ein Defizit in der Spielinterpretation und Regelauslegung haben. Aber natürlich wird es irgendwann den Zeitpunkt geben, an dem er sich für das eine oder andere entscheiden muss.

Aber auch als aktiver Spieler hat mich Jonathan eingeholt. So wechselte er in dieser Saison doch von der Zweiten Reihe auf meine Stammposition in der Ersten Reihe und das mit beachtlichem Erfolg!

rgh-rugby.com: Da spricht doch viel Stolz mit. Was gibst du deinem Sohn mit auf den Weg für dieses Endspiel?

TL: Natürlich bin ich stolz auf meine Söhne! Ich wünsche Jonathan viel Spaß und bin mir sicher, dass er sich optimal auf dieses Spiel vorbereitet. Ich wünsche ihm unvergessliche 80 Minuten eines Endspiels. Ich wünsche ihm ein gutes Team, das ihn unterstützt. Ich wünsche ihm Zuschauer, die Respekt vor einer solchen Leistung haben. Und den Rest sage ich ihm dann persönlich!

rgh-rugby.com: Danke für das Gespräch Thomas und ein gutes Spiel für Jonathan!